Inspiracles Interview: Denny Müller
In unserem heutigen Interview stellen wir Euch die Arbeit von Denny Müller vor, der uns mit seinen erstaunlichen Fotos von verlorenen Orten auf sich aufmerksam gemacht hat. Er hat uns verraten, warum er seine Bilder kostenlos online stellt und wie er davon profitiert hat. Schaut euch an, was er zu sagen hat!
Bitte stell Dich in ein paar Sätzen selbst vor
Hallo, mein Name ist Denny Müller und bin im Spreewald groß geworden, wohne in Cottbus und komme auf die 40 zu. Ich betreibe eine kleine Medienagentur und mache Webdesign, Prinddesign, Fotografie und PC-Support. Durch diese Kategorien bezeichne ich mich daher nicht unbedingt primär als Profi-Fotograf, sondern sehe mich eher als Allrounder.
Wann hast Du Dein erstes Foto gemacht und was war es?
Mein erstes Foto habe ich laut EXIF am 31.01.2004 gemacht. Es war Zampern in Schmogrow. Das war kein berauschendes Foto, sondern eins, was jeder machen kann. Ich habe an dem Tag Fotos für die ins Leben gerufene Internetseite zum Heimatdorf Schmogrow.de gemacht. Damals hatte ich nur eine Kompaktkamera von Olympus. Irgendwann hat ein Freund mal versehentlich auf die Kamera gesessen und da kam der Wechsel zu einer Spiegelreflexkamera. Von dort an ging es auch langsam los, den professionellen Bereich zu betreten.
Was hat dich dazu bewegt, die Bilder auf Unsplash hochzuladen?
Ich betreibe eine kleine Medienagentur und habe schon viele Bilder aus Unsplash für Webseiten und Drucksachen bedient, die qualitativ hervorragend sind und auch noch kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Irgendwann wurde ich im Laufe der Zeit auch besser mit der Fotografie und da dachte ich: “Geben und nehmen”. Also habe ich im Jahr 2017 die ersten Bilder hochgeladen, wo die Resonanz noch gegen null war. Nachdem ich die ersten Bilder vom Lost Places hochgeladen habe, bin ich hin und wieder im Editorial gelandet und die Views und Downloads sind rapide nach oben gestiegen. Das machte mich stolz und motivierte mich dazu, im Laufe der Zeit weitere Fotos auf Unsplash zu veröffentlichen – nicht nur zum Thema Lost Places.
Wie viele Downloads gibt es bisher auf Unsplash?
In wenigen Tagen komme ich auf die 400.000-Marke zu. Das am meisten heruntergeladene Einzelbild ist ein altes Listen-Dokument aus einer verlassenen Ortschaft mit knapp 24.000 Downloads.
Gab es besondere Momente in Bezug auf Unsplash?
In der Tat! Ein zunächst für mich unscheinbarer Tad Stones hat mich über Unsplash angeschrieben und sich für ein Bild bedankt, welches ich auf Unsplash zur Verfügung gestellt habe. Er verwendete das Bild mit seinen Schülern zu Übung mit Umgang von begrenzter Anzahl an Farbpaletten. Mitten im Schriftverkehr hat sich herausgestellt, dass Tad Stones der Kopf hinter der Disney-Zeichentrickserie Darkwing Duck ist (und wirkte aber auch bei Chip & Chap und die Gummibärenbande mit). Da habe ich mich verdammt geehrt gefühlt. Dann meinte ein Bekannter mal, dass er ein Buch mit Bildern von mir kaufen würde, würde ich eins machen. Wegen des Motivationsschubs durch Tad Stones und dem Bekannten habe ich nicht lange gewartet und tatsächlich mal ein Buch fertiggestellt.
Erzähle uns doch ein bisschen mehr von diesem Buch.
Das 56-seitige Buch mit Hardcover trägt den Titel “best of pictures 2017 – 2020” und beinhaltet 82 Motive zu Themen Lost Places, Hochzeitsringe und Alltägliches. Ein Großteil ist auch auf Unsplash zu sehen, aber es gibt auch unveröffentlichte und nur für das Buch exklusive Bilder. Ich bin zufrieden mit dem Design des Buches, habe es aber nur in ganz kleinen Auflagen (25 Stück) bestellt und verteilt. Ich wollte kein Tamtam daraus machen. Gern kann ich es noch einmal nachproduzieren lassen, wenn die Nachfrage (mindestens 20) da ist.
In welchem fotografischen Genre bist du?
Auf Unsplash habe ich ja überwiegend Lost Place-Motive hochgeladen, aber bewusst habe ich kein Hauptgenre. Im Prinzip bin ich für alles offen. Es kommt gerade darauf an, was gerade so schönes einzufangen gibt. Ansonsten mache ich auch Hochzeitsfotografie. Das kam eigentlich auch eher unbewusst zustande. Die Nachfrage wurde aber immer größer, sodass ich das gleich mit in meinem Medienagentur-Repertoire aufgenommen habe.
Woher nimmst du deine Inspiration für neue Fotos oder Fotoprojekte?
Inspirationen entdecke ich eher zufällig im Internet, egal um was für Motive es sich handelt. Es gibt schon mal Motive, wo ich mir denke: “Wow, das würde ich auch mal machen wollen”.
Welchen Stellenwert hat für dich die Technik beim Fotografieren?
Nicht nur die Technik spielt da eine Rolle, sondern die Person hinter der Kamera. Man sollte sich mit der Kamera auseinandersetzen und sich fragen, was man zuletzt falsch gemacht hat, z. B. warum es zu Verwacklungen kam. Ansonsten kann ich billige Modelle nicht wirklich empfehlen. Beispielsweise hatte ich mal einen externen Noname-Blitz für die Kamera. Hier musste ich die Blitzstärke immer manuell anpassen.
Welches deiner Bilder oder Serien bewegt dich? Und warum? Zeige sie uns
Also “emotional” auf Bildern werde ich eigentlich nicht. Ich mag Langzeitbelichtungs-Aufnahmen. Diese Bilder zeigen – wenn man diese Frage bisschen anders formuliert – wie die Welt sich bewegt.
Kann man (fotografische) Kreativität lernen?
Kann man, wenn man es möchte. Mit Erzwingen kommt man nicht weit. Learning by Doing lautet die Devise.
Wenn Dich jemand fragt, wie er „bessere“ Bilder machen kann: Welchen Rat hast Du für ihn oder sie?
Setze dich mit den Funktionen der Kamera auseinander. Die beigefügte Bedienungsanleitungen der Spiegelreflexkameras sind keine 08/15-Anleitungen, die man direkt in die Tonne kloppen kann. Hier lernt man wirklich verstehen, was die Funktionen P, AV, TV, M, B, usw. auf sich haben. Auch ich habe damals die Anleitung gelesen und hatte mehrfach Aha-Effekte und nutze daher situationsbedingt die richtige Einstellungen.
Du hast uns gesagt, dass Du Dich nicht als Urbex-Fotograf siehst, aber Du hast viele gute Urbex-Fotos in Deinem Portfolio. Kannst Du uns sagen, wie diese entstanden sind? Bist Du bei Deinen Urbex-Fotoshootings auf irgendwelche Herausforderungen gestoßen?
Da ich bisher nur insgesamt drei verlassende Ortschaften besucht habe, hatte ich bislang keine großen Herausforderungen zu meistern. Meine Kumpeline, die viel mehr eine eingefleischte Urbexerin ist, schlägt gern Orte vor, die wir besuchen könnten, aber das sind meistens wo man entweder bezahlen und/oder nur geführte Touren angeboten wird. Ich möchte lieber allein mit meiner ganz kleinen Gruppe unterwegs sein, da ist dann kein Zeitdruck und die weniger besuchten Ortschaften sind wenig bis gar nicht “verstellt” und verunstaltet. Ich mag ehrlich gesagt die ganzen Graffitis nicht.
Wie bereitest Du Dich auf Deine Stadterkundungen vor?
Da ich das noch nie gemacht habe, kann ich jetzt nur so frei gedanklich Tipps geben: in den Rucksack gehören Kamera, mehrere Objektive und ein Stativ für mögliche Langzeitbelichtungsaufnahmen. Und natürlich Snacks und Getränke.
Hast Du vielleicht irgendwelche Tipps für jemanden, der einen der verlassenen Orte besuchen möchte?
Geht auf keinen Fall allein, die Lost Places sind ja marode und da kann immer was passieren. Ich wäre auch durch den verweichten Boden fast in ein Loch gefallen. Nehmt an Lost Places nichts mit und lasst alles so stehen, wie ihr es vorgefunden habt. Wenn ihr etwas betreten wollt, aber nicht sicher seid, erkundigt euch nach dem Besitzer und fragt freundlich, ob ihr die schöne Gegend fotografieren dürft, auch gegen einen schmalen Taler. Bietet auch die Fotos zur Bereitstellung an. Das erhöht die Chance, ohne Ärger die Gegend fotografieren zu dürfen.
Ein Wort – Ein Gedanke
Social Media – Es ist schade, dass Facebook ziemlich verseucht ist mit negativer Energie: es wird Müll verbreitet, die nichts mit dem Begriff “Social Media” zu tun haben. Man sieht, wie naiv viele Menschen doch sind.
Megapixel – Ein typischer Anfängerfehler und Irrglaube: je mehr Megapixel, umso besser die Bildqualität – netter Bullshit. Was auch viele im Anfänger-Bereich nicht wissen: der Auslöser-Knopf hat zwei Stufen: drückt man halb auf den Knopf, wird der Fokus gestellt. Ist man mit dem Fokus zufrieden, drückt man erst richtig auf den Auslöser-Knopf. Daher noch einmal: RTFM (read the fucking manual / lest die verdammte Anleitung).
Inspiration – Meist zufällig aus dem Netz
HDR – Noch nie so richtig gemacht, da ich meist ohne Stativ unterwegs bin. Aber probieren würde ich es mal bei Gelegenheit.
Photoshop – … und Lightroom. Beides unverzichtbar!
Analog – Habe ich nur im Album über meine Kindheit
Danke
Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!
*Alle Fotos von Denny Müller
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