Inspiracles Interview: Greg Miller

In unserem heutigen Interview stellen Dir die fantastischen Arbeiten von Greg Miller vor. Er fotografiert hauptsächlich analog, mit einer Großformatkamera und ist ein Meister darin, surreale und interessante Momente einzufangen.

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Bitte stell Dich in ein paar Sätzen selbst vor

Mein Name ist Greg Miller und ich fotografiere schon sehr lange Zeit. Ich habe mit 15 Jahren angefangen zu Fotografieren, damals war ich in der High School. Heute habe ich eine 15-Jährige Tochter, die selbst in der High School ist und es liebt, zu fotografieren! (Falls sich jemand immer noch fragt, das war vor 35 Jahren). Seit dem wurde mir die große Ehre zu teil, dass meine Fotografien auf die Titelbilder von Magazinen gedruckt und in Museen ausgestellt wurden. Meine Lieblingskamera zum Fotografieren ist eine Holzkamera auf einem Stativ. Um zu fokussieren, muss ich ein schwarzes Tuch über die Rückseite der Kamera legen. Als Fotograf liebe ich es, Menschen zu beobachten aber weil ich eine so außergewöhnliche Kamera nutze, habe ich mich dran gewöhnt, dass die Menschen auch mich beobachten.

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Wie bist Du zur Fotografie gekommen?

Ich bin in Nashvile, Tennessee aufgewachsen und habe in der High School mit dem Fotografieren angefangen. Dort habe ich Bilder für unser Jahrbuch gemacht. Im nächsten Jahr war ich Chefredakteur an unserer Schule. Dadurch hatte ich viele Gelegenheiten, Bilder und auch Fehler zu machen. Ich liebte die Fotografie so sehr, dass mich die Fehler nie davon abhielten, auch wenn sie keinen Spaß machten. Danach entschied ich, nach New York City zu gehen, um dort Fotografie zu studieren. Während meiner Collegezeit habe ich angefangen, für Magazine zu fotografieren, die mich tatsächlich dafür bezahlten. Das war ein wundervolles Gefühl und gab mir das Gefühl, dass ich es weit gebracht hatte.

 

 

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Wann hast Du Dein erstes Bild gemacht und was war darauf zu sehen?

Als ich ein Kind war, ist meine Großmutter mit mir einen Tag nach Memphis, TN gefahren. Ich habe mir auf diesem Trip ihre Kamera geliehen und voller Enthusiasmus ein paar Bilder gemacht. Als sie den Film aus der Entwicklung zurück bekommen hatte, waren auch ein paar Bilder von Mülltonnen dabei. Sie gab mir diese Bilder mit den Worten “Ich glaube, das sind Deine.”

 

 

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National Date Festival, 2005. Aus der Serie, County Fair.

Gibt es bestimmte Dinge oder Techniken die Du nutzt, um neue Ideen und neue Inspiration zu bekommen?

Neue Ideen bekomme ich aus ganz unterschiedlichen Quellen. Ich habe den täglichen Newsletter der Lokalnachrichten abonniert, der ganz langweilige Dinge wie das Wetter enthält aber natürlich auch die Nachrichten des Tages bespricht. Oft passiert nichts interessantes aber manchmal gibt es Artikel, die ich mir notiere, weil sie ein kleiner Funke für eine Idee sein können. Es hilft mir zu verstehen, was wir alle erleben. Ich versuche mir selbst Fragen zu stellen wie “Wie fühle ich mich dabei” oder “Was sehe ich als selbstverständlich an?”.

Ist Dir schonmal aufgefallen, wie einfach es ist im Urlaub Bilder zu machen, weil alles so neu und ungewohnt ist: Das Flugzeug, das Hotelzimmer, sogar die eigene Familie sieht im Urlaub irgendwie anders aus. Wenn wir wieder nach Hause kommen hören wir oft auf, die Dinge um uns herum zu fotografieren weil wir alles schon kennen. Was, wenn Du Dein Zuhause so betrachten würdest als wärst Du zum ersten Mal dort? Was würde Dir auffallen? Was würde Dich überraschen?

Ein anderer Trick, der schon etwas fortgeschrittener ist, ist es mich zu fragen “Was versuche ich zu vermeiden?”. Ich versuche mir diese Fragen zu stellen, wenn ich das Gefühle habe, ich komme nicht weiter. Oft gibt es etwas, das mich zurückhalt von dem ich denke, dass ich es nicht erreichen oder schaffen kann. Vielleicht weiß ich auch einfach nicht, wie es funktioniert und das hält mich davon ab, es zu tun. Wenn ich mich frage “Was versuche ich zu vermeiden?”, dann zwingt es mich dazu, mich mit dieser Sache zu beschäftigen und meine gesamte Aufmerksamkeit darauf zu richten. Ich versuche mir vorzustellen, dass ich dieser Sache meine Liebe und Aufmerksamkeit gebe, so als ob es ein weinendes Kind in einem Zimmer voller Kinder wäre. Wenn Du ein weinendes Kind siehst, würdest Du es nicht ignorieren sondern Du würdest Dich darum kümmern. In der Kunst ist es ganz genau so. Wir müssen machen Dingen einfach etwas mehr Liebe schenken.

 

 

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Schnecksville Community Fair, 2005. Aus der Serie, County Fair

Was macht ein gutes Foto für Dich aus?

Das ist eine fantastische Frage! Die Definition eines guten Fotos ist nicht sehr starr. Sie wird sich ständig ändern, weil wir selbst auch immer in Bewegung sind und uns immer ändern. Im Moment liebe ich Bilder, die ein bisschen geheimnisvoll sind. Die von einer Geschichte nur einen Teil und nicht alles erzählen. Andererseits liebe ich auch das Bild von meiner Frau und einen Töchter, dass ich als Hintergrundbild auf meinem Telefon nutze. In einer anderen Zeitepoche hätte ich dieses Bild in meinem Geldbeutel bei mir getragen oder in meinem Hut. Das Bild ist eine Verbindung zu meinem Herzen.

Per Definition zieht eine Fotografie einen Rahmen um einen Teil unserer Welt. Sehr viel von der Welt liegt außerhalb dieses Rahmens aber die Dinge die wir im Bild nicht zeigen geben den Dingen im Bild mehr Kraft. Wenn es nicht genug Informationen gibt, ist das Bild ruiniert. Das gleiche passiert, wenn wir zu viel preisgeben. Ein gutes Bild enthält gerade genug Informationen um uns daran zu fesseln.

 

 

 

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Foto by Jan Scholz (@micmojo)

Wie wichtig ist Dir die Technik beim Fotografieren?

Ich fotografiere am liebsten mit einer fast schon antiken Kamera, die schon zu beginn des letzten Jahrhunderts obsolet war, deshalb verstehe ich es gut, wenn jemand denkt, dass die Ausrüstung für mich eine große Rolle spielt. Natürlich würde es ohne Kamera auch kein Bild geben. Obwohl ich bestimmte Kameras so sehr liebe wie ein Gitarrist vermutlich bestimmte Gitarren liebt, versuche ich mir nicht zu viele Gedanken über meine Ausrüstung zu machen. Obwohl eine Kamera im Spiel ist, geht es doch immer darum, wie Du selbst die Welt siehst. Ohne den optischen Nerv würde Dein Gehirn niemals das Signal erhalten, dass Deine Augen gerade die Liebe Deines Lebens sehen. Wann hast Du das letzte Mal an Deinen optischen Nerv gedacht, als Du eine schöne Blume angeschaut hast?

 

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Cristian, Gianluca und Cristina (Fiumefreddo Bruzio) 2003. Aus der Serie Primo Amore.

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Annalisa, Federico und Kira (Fiumefreddo Bruzio) 2000. Aus der Serie Primo Amore.

Außer Kamera und Objektiven, was ist für dich wichtig wenn Du raus gehst um zu Fotografieren?

Ich fotografiere viele Menschen. Menschen sind mein Lieblingsmotiv. Die Ironie dabei ist, dass ich selbst überhaupt nicht gern fotografiert werde. Deshalb investiere ich viel Zeit und Energie in die Kommunikation mit Menschen bevor ich sie fotografiere. Gar nicht unbedingt weil sie sich unwohl fühlen (Menschen lieben es, fotografiert zu werden) aber weil ich glaube, dass ich erstmal sicher gehen und wissen muss, dass sie sich wohl fühlen, damit ich mich selbst auch wohl fühlen kann. Man könnte auch sagen ich will sicher gehen, dass sie sich selbst sicher fühlen. Sich sicher zu fühlen ist für die meisten von uns selbstverständlich aber es eines unserer tiefsten Grundbedürfnisse. Es kann sein, dass Menschen meine Bilder ansehen und das Gefühl haben, dass die Sitaution nicht sicher war aber ich hätte das Bild machen können ohne dass sich jeder beteiligte sicher gefühlt hat.

 

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Gioia, 2013. Aus der Serie Morning Bus 

Auf welches Foto oder welche Bildserie bist Du besonders stolz?

Ich würde sagen, dass ich auf meine Serie “Morning Bus” besonders stolz bin. Ich lebe mit meiner Familie im Nordosten von Connecticut in den USA. Die Bilder der Serie zeigen Kinder, die Morgens auf den Schulbus warten, der sie zur Schule bringt. Ich habe das Projekt gestartet nachdem es 2012 einen Amoklauf an einer Schule nur etwa eine Stunde entfernt von meiner Heimat in Newton gab. Meine älteste Tochter war zu diesem Zeitpunk sechs Jahre alt, was schockierenderweise das gleiche Alter von vielen der Opfer war. Meine Tochter Morgens in die Schule zu schicken, wenn auch nur für ein paar Stunden hat sich für mich, für meine Frau und für unsere Nachbarn für immer verändert. Ich fühlte mich schon immer machtlos, wenn es darum ging, die Epidemie der Waffengewalt in den USA zu stoppen.

 

 

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Kwesi, Amanda, Ayine und Kyosi, 2019. Aus der Serie Morning Bus

Zuerst habe ich 2013 meine eigene Tochter fotografiert, als sie Morgens auf den Bus wartete, dann habe ich angefangen Freunde und deren Kinder zu fragen, ob ich sie fotografieren darf, danach Freunde von Freunden. Seitdem habe ich immer weiter für die Serie fotografiert, weil ich gerne ein Buch daraus machen würde. Ich habe die Kinder absichtlich aus einer gewissen Distanz fotografiert, um es so aussehen zu lassen, als wären sie alleine (obwohl die Eltern der Kinder oft außerhalb des Bildes stehen). Meine Intention ist es, durch die Distanz eine gewisse Sorge im Betrachter zu erzeugen. Die Idee, dass ich Kinder vermenschlichen muss, weil die Gesellschaft den Besitz von Waffen vielleicht mehr schätzt als ein Menschenleben bewegt mich.

 

 

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Aiden, 2019. Aus der Serie Morning Bus

Das Projekt entstand zwar aus einem Gefühl von Hilflosigkeit im Bezug auf ein politisches Thema, am Ende sind auf den Bildern aber einfach nur Kinder zu sehen, die Morgens auf den Schulbus warten, eine nahezu universelle Zeremonie auf dem Weg zur Schule, die alle Kinder in den USA oder sogar auf der ganzen Welt gemeinsam haben. Ich hätte diese Bilder nicht ohne die HIlfe und die Kooperation von vielen Eltern machen können und bin sehr dankbar für ihre Hilfe.

 

 

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Duck River. Aus der Serie Nashville

Es gibt ein fast schon surreales Element in vielen Deiner Bilder. Wie viel von Deinen Fotos ist gestellt und wie viel ist Zufall?

Ich fotografiere mit einer Großformatkamera auf einem Stativ, deshalb ist jeder Person in meinen Bildern bewusst, dass sie fotografiert wird. Man könnte sagen, es ist das Gegenteil von spontan. Ich würde sagen, dass ich eher ein Kunstfotograf bin statt jemand, der dokumentarische oder journalistische Bilder macht. Deshalb sind die Momente auf meinen Bildern nicht im traditionellen Sinne “eingefangen”. Trotzdem liebe ich es, genau wie die meisten Menschen, Momente festzuhalten und sie einzufrieren. Bilder, die zu stark gestellt sind fühlen sich of hölzern und langweilig an. Nachdem ich mich bei den Menschen vorgestellt habe und ihnen erklärt habe, was ich vor habe, warte auch ich oft auf den richtigen Moment, genau so wie es jemand mit einer kleinern Kamera tun würde. Wenn sich ein Moment so anfühlt, als wäre irgendwas nicht richtig und seltsam, dann weiß ich, dass er sich gut für ein Foto eignet. Es gibt zwar eine Interaktion mit meinen Models, sie schauen aber nicht in die Kamera, deswegen verstehe ich es, wenn jemand so etwas als Täuschung ansieht, für mich spielt das allerdings keine Rolle, weil der Moment für mich trotzdem genau so viel zählt wie jeder andere. Meine Hoffnung ist, dass das Bild immer noch als gute Bild aufgefasst wird, auch nachdem der Betrachter von der Beteiligung der Modelle weiß. Wenn ich mir meine Bilder der letzten Jahre so anschaue, bin ich sehr dankbar dafür, dass sich die Menschen so bereitwillig Zeit für mich nahmen. Die Zustimmung der Personen ist sehr wichtig für mich. Wenn Menschen enttäuscht sind, dass ich mit allen meinen Modellen vorher gesprochen habe, würde ich sie manchmal gern Fragen “Hättest Du es besser gefunden, wenn ich das Bild ohne Zustimmung gemacht hätte?”

 

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21st Avenue South. Aus der Serie, Nashville.

 

 

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Kirby and the Dragon, 2000

 

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Danke

Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!

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